Ich würde mich gerne mit Euch austauschen, inwiefern die Aphantasie Eure Elternschaft und die Beziehung zu den Kindern beeinflusst.
Ich empfinde eine große Trauer darüber, dass ich keinerlei Erinnerungen an meine Kinder habe, die ich aktiv abrufen kann. Natürlich kann ich mir Fotos und Videos anschauen- aber ich kann mich eben ohne diese Anker nicht an die Situationen erinnern. Und auch wenn ich die Fotos sehe- wirklich erinnern kann ich mich nicht- ich kann eher Fakten abrufen.
Ich finde es auch sehr traurig, dass sobald sich das Kind umdreht, oder den Raum verlässt, ich nicht mehr weiß wie es aussieht.
Ich kann seine Stimme nicht hören, ich kann seinen Geruch nicht erinnern….
Manchmal kommt bei mir die Angst hoch, dass wenn ich ein Kind verlieren würde (also es sterben würde), dass Kind für mich einfach „weg“ wäre.
Es ist schwierig zu beschreiben…
Wie geht ihr damit um?
Wie ist es wohl, wenn wir einmal alt sind?
Ich höre immer wieder, dass man im Alter von den schönen Erinnerungen zehren kann.
Aber wie wird es für uns?
Über einen Austausch würde ich mich freuen ☺️
Hallo I.B.
Ich habe damit kein Problem. Wie sollte ich etwas vermissen, was ich noch nie erlebt habe? Für mich ist das normal. Ich bin alt und sehe meine Kinder regelmäßig. Sie sind erwachsen und führen ihr eigenes Leben und das ist gut so. Was vorbei ist, ist vorbei. Mich beschäftigt natürlich die Vergangenheit auch. Sehr sogar. Ich frage mich, was ich falsch gemacht habe, oder was richtig war, usw. Dass ich im Kopf nichts sehe, bedeutet nicht, dass ich etwas vergesse. Womit ich jetzt nicht sagen will, dass ich gar nichts vergesse.
Vielleicht könnte ich mein Haus sogar zeichnen, auch wenn ich es nicht im Kopf sehe. Muss ich mal ausprobieren.
Ich kann auch trauern, ohne jemanden im Kopf zu sehen.
Ich weiß nicht wie das bei anderen ist, aber ich hatte früher auch oft heftige Emotionen. Derzeit weniger, weil mein Leben ruhiger geworden ist. Nur weil man im Kopf blind ist, bedeutet es nicht notwendigerweise, emotionslos zu sein. Ich glaube, dass viele Menschen mehrere Defizite haben und alles auf die Aphantasie schieben, weil sie von den anderen Defiziten nichts wissen. Sollte man vielleicht hinterfragen und anderes ausschließen.
LG
Susi
Danke für Eure Antworten ☺️
Ihr habt schon recht- wenn ich erstmal getrennt von meinen Kindern bin, bin ich nur in der neuen Situation und „vergesse“ zuhause fast.
Aber jeder Abschied hat für mich immer einen bitteren Beigeschmack.
So geht es mir auch, wenn wir in den Urlaub fahren und ich mich von unserem Haus „verabschiede“- ich weiß dann immer schon, dass es sobald ich im Auto sitze weg ist (nicht nur die Bilder- ich habe fast das Gefühl, es existiert nicht mehr 🫣).
Vor meinem letzten Urlaub habe ich tatsächlich mal Fotos von jedem Raum gemacht um mich erinnern zu können.
Dafür akzeptiere ich neue Umgebungen/ Lebensumstände immer sofort. Ich denke, dass liegt tatsächlich daran, dass wir mehr im HIER und JETZT leben (habe ich mehrfach im Forum gelesen)…
Trotzdem habe ich das Gefühl eines Schatzes an Erinnerungen„beraubt“ zu sein - wie ich damit umgehe muss ich mir wohl noch erarbeiten😅
Ich finde es auch sehr traurig, dass sobald sich das Kind umdreht, oder den Raum verlässt, ich nicht mehr weiß wie es aussieht.
Ich kann seine Stimme nicht hören, ich kann seinen Geruch nicht erinnern….
Manchmal kommt bei mir die Angst hoch, dass wenn ich ein Kind verlieren würde (also es sterben würde), dass Kind für mich einfach „weg“ wäre.
Es ist schwierig zu beschreiben…
ich finde, Du hast Dein Gefühl der Traurigkeit recht gut beschrieben.
auch das Beschreiben Deiner "aus den Augen, aus dem Sinn" Erfahrung trotz engster Familienverbindung, erscheint mir glaubhaft und treffend beschrieben.
Wie geht ihr damit um?
Tja, ich habe SDAM und bin emotional aphantastisch, ich kann nicht trauern außerhalb meines HIER&JETZT Erlebens, habe somit auch nicht die Angst, die Du beschreibst.
Gerade heute am 9. November ist der 15. Todestag meiner Mutter. Seitdem ist sie "weg"
Die Kinder sind auch "weg", haben schon lange das Nest verlassen.
Das "Wegsein" hat nicht mal eine besondere Qualität, wenn ich so darüber nachdenke.
Eine Quantität ist anders, die Wahrscheinlichkeit eines Anrufs.Bei meiner Mutter ist sie 0.
Ansonsten, erst wenn ich konkret über ein Familienmitglied nachdenke sind sie existent für mich.
Wie ist es wohl, wenn wir einmal alt sind?
Ich bin inzwischen über 60, meine jüngste Tochter ist 33, dann habe ich noch Stiefkinder 41 und 46.
Ich höre immer wieder, dass man im Alter von den schönen Erinnerungen zehren kann.
Tja, sowas hört man schon mal... Was jeweils gemeint ist? Wer weiß?
Die eine kann noch den Babygeruch imaginieren, der andere kann sich noch an das Toben mit den Kleinen bildhaft oder gar videohaft aus der Erinnerung abrufen.
Mir bleiben die semantischen Erinnerungen, die Geschichten, die Geschehnisse als beschreibende Anekdoten. Davon kann ich "zehren", wenn ich denn will.
Ich kann damit nur keine Emotionen in mir wiedererwecken. Das mögen andere können, im Guten wie im Schlechten, ich eben nicht.
Aber wie wird es für uns?
Anders als für viele, für uns wie gehabt.
Hallo :) das sind Punkte über die ich mir auch Gedanken gemacht habe. Ich habe für mich akzeptiert, dass ich "mich anders erinnere" und dass dadurch meine Liebe nicht schwächer ist. Bei Fotos finde ich Apples Live Funktion klasse, da sieht man mehr. Dadurch dass ich nicht "speichern" kann, arbeite ich daran in den Momenten mit den Kindern (4,7 und 12) präsenter zu sein. Ich habe auch einen Kalender, da schreibe ich mir rein, was wir so machen und mit einem kleinen Handybild-Drucker klebe ich Bilder dazu. Persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass Aphantasie bedeutet, dass ein geliebter Mensch dann in der Erinnerung einfach weg ist. Liebe ist nicht nur an "sichtbares" gekoppelt.
Ich sehe bei meinen Geschäftsreisen einen Vorteil, dass ich die Kinder anders vermisse und ich mich auf meine Projekte konzentrieren kann. Allgemein versuche ich die Aphantasie als Superkraft mit Hindernissen zu sehen ;)